Europaplatz Einfahrt S3 12:05 von Bern
Ausfahrt S6 12:09 Richtung Schwarzenburg
Liebefeld Einfahrt S6 12:12 von Bern
Ausfahrt

Links sind alle Fotos dieser Fahrt zu sehen, oben die Details zu den Verbindungen. Ein rennendes Piktogram bedeutet, dass ich für das betreffende Foto aus dem Zug ausgestiegen bin, das Selfie geschossen habe und dann im gleichen Zug weiter gefahren bin. Ein Klick auf den Bahnhof führt zur Übersichtsseite der Station, wo es gegebenenfalls weitere Bilder vom gleichen Ort zu sehen gibt. Unten gibt es einen Text zur Reise, sofern mir etwas Interessantes in den Sinn gekommen ist.

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Über das Theater

Vor ein paar Tagen habe ich mir wieder einmal die Haare schneiden lassen. Da es sich um einen Wochentag handelte, fragte mich die ausführende Fachkraft, wieso ich denn nicht arbeiten müsse. Ich antwortete, dass ich normalerweise am Theater beschäftigt bin, dieses aber gerade geschlossen sei.

«Theater, dass es das noch gibt… Geht denn da noch jemand hin?», war die erstaunte Antwort. Man kann wohl behaupten, dass meine Existenz auf dem Theater beruht. Ich verdiene mein Geld damit, wenn ich Zeit habe studiere ich es, es ist meine Leidenschaft. Alles was ich erreicht habe, habe ich am Theater erreicht und wenn meine grössten Enttäuschungen vielleicht nicht direkt damit zu tun hatten, so fanden sie zumindest im Dunstkreis davon statt. Ich fühlte mich also fast schon persönlich angegriffen und musste mich zunächst sammeln.

Danach durfte sich die möglicherweise bedauernswerte Angestellte für die volle zehnminütige Dauer meines Haarschnittes anhören, dass es tatsächlich noch Theater gibt und dass sich das wohl auch nicht so bald ändern wird.

Zumindest wenn keine Pandemie die Häuser in den Konkurs und die Angestellten in andere Tätigkeitsfelder treibt. Aber ansonsten gibt es gar keinen Grund, wieso sich das ändern sollte. Man könnte nun natürlich wissenschaftlich werden und mit Begriffen wie Transitorik, Autopoiesis und Hypermedium um sich werfen. Aber das ist vielleicht gar nicht nötig.

Zu sagen «ich mag kein Theater» ist etwa das gleiche, wie zu sagen «ich mag keine Musik». Es mag vielleicht eine Hand voll Menschen geben, für die eine solche Aussage tatsächlich zu trifft. Alle anderen haben nur noch nicht die richtige Musik, oder das passende Theater, gefunden.

Wem die griechische Tragödie zu altbacken daher kommt, soll sich einen Tom Lutz geben. Wem die Performance zu modern und unverständlich ist, könnte sich vielleicht mit Stone anfreunden. Scheint der Dialog zu eintönig, empfehlen sich Musicals und Opern. Wer die besondere Körperlichkeit vermisst, sollte beim Tanz vorbeischauen. Und wenn alles nichts nützt, dann kann man sich zumindest über die schauspielerischen Gehversuche der Bekannten im Dorftheater amüsieren.

Egal ob beim Ein-Frau-Stück im Kellertheater oder bei der grossen Eröffnungsoper im Stadttheater. Jeden Abend stehen Menschen auf den Bühnen der Stadt, manche sichtbar, andere nicht. Sie alle haben eine Chance, dem Publikum etwas mitzugeben. Eine Emotion, eine Botschaft, eine Geschichte… Alle geben ihr Bestes, um diese Chance zu ergreifen. Denn wenn die Vorstellung aus ist, ist die Gelegenheit vorbei. Und das gibt es nur am Theater.

Vielleicht sollten wir uns die Theater-fernste Person unseres Bekanntenkreises zur Seite nehmen und einen Deal vorschlagen. «Ich komme mit Dir an das nächste Metal-Konzert und Du gehst mit mir an ein Ballett.» Ich kann aus Erfahrung sagen, daraus entstehen super Erlebnisse. Klar, dieser Austausch machte kein Schwanensee-Enthusiast aus meinem Metal-Head-Kumpel. Aber ich möchte doch glauben, dass er unterbewusst zu verstehen begann, dass er schon längst regelmässiger Theater-Besucher ist, auf eine gewisse Art und Weise.

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